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Mit partizipativen Projekten und neuen Andersorten der Krise der Demokratie begegnen:Tagung „Politische Bildung und der ländliche Raum“ - Nov 2025

Teilnehmer_innen beim workshop 11
Welchen Beitrag kann politische Bildung im ländlichen Raum für den gesellschaftlichen Zusammenhalt leisten? Dieser Frage ging eine Tagung von Nell-Breuning-Haus und Akademie in Tönsberg nach
Datum:
18. Dez. 2025
Von:
Thomas Hohenschuhe

Die Demokratie leidet unter massivem Legitimations- und Vertrauensverlust. Klassische Konzepte der politischen Bildung geraten an ihre Grenzen. Es braucht flexible, offene, partizipative Formate. Erst recht gilt das für politische Bildung im ländlichen Raum. Dort stehen häufig andere Themen im Vordergrund als bei großstädtischen Bildungsmilieus. Auch kulturelle und sprachliche Codes unterscheiden sich.

Das Nell-Breuning-Haus in Herzogenrath und die Akademie am Tönsberg loten die Herausforderung und mögliche Perspektiven im Zuge einer Kooperation aus. Sie folgen damit einer Einschätzung des Leiters der Landeszentrale für politische Bildung NRW, Dr. Guido Hitze. Er sagt: "Nordrhein-Westfalen ist mehr als das Ruhrgebiet." Die Landeszentrale als Mitträger von partizipativen lokalen und regionalen Demokratiewerkstätten unterstützt den Verständigungsprozess.
Die zweite Auflage der Tagungsreihe fand am 10./11. November 2025 in Oerlinghausen statt. Es brachten sich Teilnehmende aus einem breiten Spektrum der gemeinwohlorientierten Weiterbildung ein. Sie einte die Forderung nach mehr Beinfreiheit in der Ausgestaltung von Angeboten der politischen Bildung. Bürokratische Hürden erschweren den Alltag und führen fatalerweise zu dem missverständlichen Ergebnis, dass bereitgestellte Fördermittel nicht abgerufen werden.
Demokratieermüdung und Demokratiefeindlichkeit bräuchten jedoch glaubwürdige Alternativen, so lautete ein Fazit der Tagung. Reine Wissensvermittlung, wenn auch mit Haltung, reicht hier bei weitem nicht. Es braucht Dialog- und Mitmachformate, welche die ländliche Bevölkerung in ihrer Diversität einbezieht, mit aktivierenden Methoden, die eine Selbstermächtigung von Menschen in den Themen, die sie betreffen und interessieren, ermöglichen.

Impulse aus Forschung und Praxis

Den regen Austausch unter den Teilnehmenden der Tagung förderten drei impulsgebende Menschen, die eine jeweils eigene Persönlichkeit und Sichtweise einbrachten. Da waren zum einen eine Fülle von Ergebnissen, die Umfragen der Konfliktakademie "Conflict A" der Universität Bielefeld unter der allgemeinen Bevölkerung und unter Mitarbeitenden von Kommunalverwaltungen erbracht haben. Stellvertretend für das Team präsentierte Dr. Anna Christina Nowak diesen Datenreichtum.
Mit Mut zu pointierten Thesen trat Dr. Peter Fauser, emeritierter Professor der Friedrich-Schiller-Universität Jena, auf. Er zeichnete die Dynamik von Konflikten im ländlichen Raum an einem persönlichen Fallbeispiel nach. Auf der Metaebene gerate die Demokratie seit gut einem Jahrzehnt weltweit unter Druck. Peter Fauser setzte das in einen engen Zusammenhang mit dem Strukturwandel der Öffentlichkeit, weg von seriösen Redaktionen, hin zu konzerndominierten Social Media.
Demokratie braucht Begegnung, lautete die Antwort von Dr. Rainald Manthe, Vorstand der Stiftung Bildung in Berlin, auf die skizzierte Herausforderung. Das gelte zurzeit aufgrund der Krisendichte seit 2020 noch einmal mehr, diagnostizierte er eine gesellschaftsweite posttraumatische Belastungsstörung. Der Autor regte an, neue Orte zu schaffen, die zufällige Begegnungen und Irritationen ermöglichen. Das sei ein guter Weg, den Zusammenhalt der hoch diversen Gesellschaft neu zu stärken.

Es wird weitergehen

Die Teilnehmenden und die Träger der Veranstaltung, das Nell-Breuning-Haus und die Akademie am Tönsberg, gingen solchermaßen inspiriert mit der Verabredung auseinander, die Fäden fortzuführen. Ein Positionspapier wird die Gelingensbedingungen für politische Bildung im ländlichen Raum festhalten. Darüber soll mit Bündnispartnern auf allen Ebenen gesprochen werden. Experimentelle Erfahrungen mit Andersorten und neuen Kooperationen sollen das flankieren.

Bilder von der Veranstaltung

11 Bilder